Über die Indianer

Geschrieben am 21. September 2013 von

Ein schwieriges Thema sind in Kanada die indianischen Ureinwohner. Die typischen Indianerkriege wie in den USA gab es nie. Stattdessen wurde die indianische Bevölkerung schon vor dem Beginn der massiven Besiedlung durch eingeschleppte Krankheiten und Streitigkeiten zwischen den einzelnen Stämmen dezimiert. Die Zurückdrängung der Indianer war ein schleichender Prozess, der in den Museen und auf den Geschichtstafeln zu historischen Bauten, die wir besucht haben, nur selten erwähnt wird. Doch obwohl die Geschichte Kanadas mit der ersten Besiedelung durch die Europäer Ende des 16. Jahrhunderts zu beginnen scheint, gab es ein Leben davor und so begeben wir uns auf Spurensuche.

Encampment Among The Islands Of Lake Huron

Indianerlager am Lake Huron, Paul Kane um 1850, Quelle

In Ottawa werden wir im „Museum of Civilisation“ fündig. Dort wird die ganze Weltgeschichte erzählt, zu der auch die Indianer gehören. In einer riesigen Halle sind verschiedene Totempfähle aufgestellt und ein indianisches Dorf ist nachgebaut. Wir lernen, dass es große Unterschiede zwischen den verschiedenen Indianerstämmen im Westen, im Norden und im Osten Kanadas gibt. Die Totempfähle wurden von den Stämmen an der Westküste geschnitzt, um an bedeutende Personen, Vorkommnisse oder Geschichten zu erinnern. Im arktischen Norden leben die Inuit (Eskimos), die es schon vor mehr als fünfhundert Jahren verstanden haben, mit Kleidung aus Seehundfellen der Kälte zu trotzen und sich mit ihren kleinen Booten durch den Walfang das Überleben zu sichern. In den großen Ebenen östlich der Rocky Mountains haben viele nomadische Stämme gelebt, die auf ihren Wanderungen die typischen Zelte, die Tipis, mitgenommen haben. Interessant ist auch die Ausstellung darüber, wie sich das Zusammenleben zwischen den Ureinwohnern und den kanadischen Siedlern entwickelt hat, wie die Indianer Reservate zum Leben zugewiesen bekommen haben, ihre Sprache und Kultur zeitweilig verboten wurde und ihre Kinder in internatartigen Schulen zu „zivilisierten“ Menschen erzogen wurden.

Heute soll es in Kanada 632 verschiedene indianische Völker geben, die alle eine andere Kultur haben. Doch wo kann man als interessierter Tourist diese Menschen und ihre Kultur kennenlernen, wenn die meisten Reservate so weit abseits liegen?

Indianerverkaufstand

An den vielen Buden gibt es alle möglichen Dinge zu kaufen.

Für uns findet die erste Begegnung neun Monate nach unserer Einreise in Kanada statt. Wir besuchen ein Powwow. Ein Powwow ist ein Fest, bei dem sich verschiedene Indianervölker und Nicht-Indianer treffen, um zusammen zu tanzen, zu singen und die alte Kultur zu pflegen bzw. kennen zu lernen. Heutige Indianer leben natürlich nicht mehr in Tipis oder anderen Behausungen, sondern in normalen Häusern und kommen mit normalen Autos angefahren. Das Powwow, zu dem wir fahren, findet in einem Indianer-Reservat 2 h südwestlich von Toronto statt. In dem Reservat leben die Six Nations of the Grand River (Sechs Nationen des großen Flusses). Es ist ein Bündnis von sechs verschiedenen Indianerstämmen (die Mohawk, Oneida, Cayuga, Seneca, Onondaga und die Tuscarora), die sich während des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges mit den Briten verbündet haben. Das Powwow ist das größtes Ereignis in dem Revervat, zu dem auch Indianer aus anderen Regionen Kanadas und den USA anreisen. Im Prinzip ist es ein Volksfest mit vielen Buden, an denen Fellmützen, Mokassins, Spielzeug, Perlenschmuck, Decken mit indianischen Mustern und vieles andere verkauft wird. In der Mitte gibt es einen großen Verstanstalungsplatz, auf dem Tanz- und Singwettbewerbe ausgetragen werden. Dort versammeln wir uns mit den anderen Besuchern, um die feierliche Zeremonie mitzuerleben, mit der das Powwow eröffnet wird. Der Sprecher, der uns durch das Programm führt, stellt die verschiedenen Musikgruppen vor, die die Tänze mit ihren Trommeln begleiten werden. Eine davon, die Eastern Eagle (Adler des Ostens), sind extra von der 1800 km entfernten Atlantikküste angereist. Sie sitzen im Kreis um eine große Trommel herum und schlagen einen Rythmus, den sie mit hohen, rhythmischen Gesang begleiten. Für unsere Ohren hört sich die Musik allerdings etwas gewöhnungsbedürftig an.

Nachdem alle Musikgruppen vorgestellt sind, spricht einer der Häuptlinge ein Gebet und dann ziehen tanzend viele wunderschön gekleidete Tänzer zu der Musik ein. Zusammen mit ihnen marschieren auch einige Kriegsveteranen der Stämme, die so für ihre Leistungen im Krieg geehrt werden. Die ganze Veranstaltung dauert ca. 1 Stunde, in der wir uns an der Farbenpracht der Kleider und den Tanzbewegungen kaum satt sehen können.

Als wir den Platz wieder verlassen kaufen wir uns noch einen Maisfladen, der hier als typisches Essen angeboten wird und freuen uns, dass wir diesen oft vernachlässigten Teil der kanadischen Kultur erleben konnten.