Kulturschock Toronto

Geschrieben am 8. Dezember 2012 von

Indisch Kochen und Essen (mit dem Händen)

Schon als wir die Tür zu unserer neuen Wohnung das erste Mal öffnen, ahnen wir, dass wir in eine sehr internationale WG geraten sind. Ein intensiver Currygeruch schlägt uns entgegen, und tatsächlich sitzt dann auch ein Inder am Küchentisch, der sich mit seinem Laptop beschäftigt. Er ist Softwarespezialist und außerdem sehr offen und hilfsbereit, sodass wir uns schnell mit ihm anfreunden. So lernen wir dann auch einiges über die indische/ tamilische und hinduistische Kultur, probieren indisches Essen mit den Fingern und verbringen einige Abende mit heißen Diskussionen über kulturelle Unterschiede zwischen Indien und Deutschland.

Doch nicht nur die indischen Gewohnheiten lernen wir kennen. Auch die kanadische Lebenswelt, die uns auf den ersten Blick gar nicht so anders erscheint, hält einige Überraschungen und Missverständnisse bereit…

So frage ich zum Beispiel bei der Besichtigung unseres laut Beschreibung „möblierten“ Zimmers nach einem Kleiderschrank oder einer Kommode, wo wir unsere Sachen verstauen können. Der Vermieter schaut mich erstaunt an und meint, es sei doch ein Kleiderschrank vorhanden! Was er meinte ist ein Verschlag in der Wand, in dem eine Kleiderstange angebracht ist und der mit einer Tür verschlossen werden kann. Und tatsächlich sehen so kanadische Kleiderschränke aus! Als wir später nach einem anderen Zimmer suchen, bin ich bereits darauf eingestellt und nehme die Kleiderschränke auch als solche war.

Bettensalat

Eine Herausforderung stellt auch der Kauf von Bettzeug dar. Hier gibt es keine Federbetten, die einfach mit einem Bettbezug bezogen werden. Nein, es gilt das Prinzip der vielen Schichten. Die unterste Schicht ist ein einfaches Laken (Sheet), das den Bettbezug ersetzt. Darüber liegt eine Decke (Quilt), die aber eher an ein Häkeldeckchen erinnert bzw. aus einem flauschigen Synthetikmaterial besteht, bei dem sich einem schon beim Anfassen die Haare aufstellen. Brrr! Darüber kommt dann noch eine Tagesdecke (Cover), die dem Bett ein ordentliches Aussehen gibt. Passend zu der Tagesdecke gibt es noch zwei Kissenbezüge, die aber nur für Zierkissen gedacht sind, die vor den eigentlichen Kissen liegen. Um dem ganzen die Krone aufzusetzen, werden die verschiedenen Bettutensilien dann auch noch in vier verschiedenen Größen angeboten. Bei so vielen Möglichkeiten, die durch extra Fließdecken, Heizdecken, extra weiche Matratzenbezüge etc. ergänzt werden, stehen wir etwas hilflos im Laden und lassen uns schließlich von einer Verkäuferin beraten. Am Ende kaufen wir nur ein Lakenset (mit Spannbetttuch, Laken und Nachtkissenbezügen) und eine Tagesdecke (samt Tageskissenbezügen) und lassen die Häkeldeckchen liegen.

Hier wird wirklich jeder satt!

Interessant ist auch das Neben- und Miteinander der vielen verschiedenen Nationalitäten. Toronto ist die erste Anlaufstelle für Neuankömmlinge aus aller Welt und so ist es normal, das eigentlich jeder einen irgendwie gearteten Akzent im Englischen aufweist. Auch im Supermarkt spiegelt sich dieses Multi-Kulti wieder. Es gibt normales Fleisch, koscheres Fleisch (jüdisch) und halal Fleisch (muslimisch). Im Tiefkühlregal befinden sich die Maultaschen (deutsch) direkt neben den Ravioli (italienisch), den Pirogi (polnisch) und den Jiaozi (chinesisch). Und es gibt neben Toast, Baguettes (französisch), Pita (türkisch) und Chapati (indisch) auch deutsches Brot, das lustigerweise auch deutsche Namen wie z.b. “Leinsamenbrot” trägt.

Auch für die Hauptmahlzeiten finden wir alles, was wir brauchen und so riecht es in unserer WG bald nicht mehr nach Curry, sondern nach Hühnersuppe, Kohl und Sauerkraut. Hhmmm!

Einen Kommentar zu Kulturschock Toronto

  1. Thorsten u.Andrea

    Hallo ihr beiden,
    wir sind morgen auf dem Lübecker Weihnachtsmarkt und werden einen schönen heißen Glühwein mit Schuss auf euer Wohl trinken.

    liebe Grüsse
    Thorsten u. Andrea