Eine Fahrt mit dem Hundeschlitten, Teil 2

Geschrieben am 16. Februar 2013 von

Zwei Tage in der verschneiten Wildnis Kanadas. Der Hundeschlitten gleitet lautlos durch den Schnee. Auf versteckten Pfaden geht es durch grandiose Landschaften, entlang an Berghängen und durch einsame Täler. Majestätisch ragen dunkle Tannen in den weißen Winterhimmel empor und hinter der nächsten Kurve öffnet sich plötzlich der dichte Tannenwald und gewährt einen atemberaubenden Blick auf die glitzernd-weiße Weite eines vereisten Sees.

Hundeschlitten

Unsere Hundeschlittengruppe

So ähnlich haben wir uns unser Abenteuer im Algonquin Park wohl vorgestellt. Der Naturschutzpark befindet sich 300 km nördlich von Toronto und erstreckt sich auf einer Fläche, die zehnmal so groß ist wie Hamburg. Die Landschaft ist tatsächlich atemberaubend und sie mit dem Hundeschlitten zu durchfahren ist ein einmaliges Erlebnis. Allerdings läuft das Ganz nicht ganz so mühelos ab, wie es sich anhört:

Stehen auf dem Schlitten

Gans schön eng für zwei Personen

Zunächst einmal ist es gar nicht so einfach, das Gleichgewicht auf einem Hundeschlitten zu halten. Zum Stehen haben wir nur die beiden Kufenenden, die hinter der Ladefläche, auf der unsere Rucksäcke verstaut sind, etwa einen Meter heraus ragen. Zum Festhalten gibt es nur einen Handgriff. Wenn der Schlitten steht, mag das kein Problem sein, aber sobald wir losfahren, neigt sich der Schlitten je nach Untergrund nach links oder rechts, sodass wir uns weit hinaus lehnen müssen, damit er nicht umkippt. Das zu zweit zu koordinieren ist gar nicht so einfach. Vor allen Dingen nicht, wenn einer von uns beiden auf der Bremse steht, die sich in der Mitte der beiden Kufen befindet. Lässt er diese los, wird der Schlitten nur noch schneller, bleibt er darauf stehen, drängt er den anderen gefährlich weit auf eine Seite des Schlittens. Das gibt im Anfang ein ganz schönes Geschubse und unsere Muskeln tun schon nach wenigen Metern weh, weil wir uns so sehr an dem Griff festklammern.

Später entspannen wir uns soweit, dass wir auch einfach Mal bei voller Fahrt abspringen und eine Weile neben dem Schlitten herlaufen, wenn nicht genügend Platz ist. Das müssen wir im übrigen sowieso tun, wenn die Hunde einen steilen Berg hinauf laufen. Sie werden einfach immer langsamer, drehen den Kopf nach hinten und schauen uns vorwurfsvoll an, wenn es ihnen zu anstrengend wird. Und ich dachte immer ein Hundeschlitten befreit einen davon, selbst laufen zu müssen, Pustekuchen. Trotz der unerwartet anstrengenden Fahrt sind wir etwas enttäuscht, als wir nach viel zu kurzer Zeit schon in unserem Camp für die Nacht ankommen. Dabei hatten wir gerade das Gefühl, jetzt richtig loslegen zu können.

Am nächsten Tag kommen wir schon besser mit dem Schlitten klar. Dafür ist aber auch der Weg sehr viel schwieriger. Unter dem Schnee verstecken sich Baumwurzeln und andere Unebenheiten, mit denen wir ganz schön zu kämpfen haben. Auch die vielen Kurven fordern unsere ganze Aufmerksamkeit. Denn die Hunde tendieren dazu, sie sehr eng zu nehmen, ohne dabei auf den Schlitten zu achten, der ihnen folgt. Für uns heißt das, schnell unter den Ästen der Bäume wegducken und entgegenzusteuern, so gut es geht, um nicht neben der Spur im Tiefschnee oder im Gebüsch zu enden.

Hundeschlittenfahrt

Schlittenhundegespann

So springe ich zum Beispiel in einer Linkskurve vom Schlitten, um mich vor dem herabhängenden Ast einer Tanne in Sicherheit zu bringen. Albrecht nimmt daraufhin direkten Kurs auf diese Tanne und kann ihr gerade noch ausweichen. Trotzdem kommt der Schlitten mit einem Ruck zum stehen und hängt im Tiefschnee zwischen dem Weg und einem etwas abschüssigen Waldstück fest. Schon folgt der nächste Schlitten, dem es nicht besser geht als uns. Er fährt auf und steckt ebenso fest. Albrecht rettet sich aus dem Schlitten-Hunde-Menschen-Knäuel und verlässt dabei unseren Schlitten. Als der dritte Schlitten dann auch noch auffährt, gibt das unseren Hunden den nötigen Ruck, um loszufahren – ohne Fahrer. Kaum sind sie wieder in der Spur, sausen sie auch schon los und ich kann nur hinterherrennen.

In diesen Momenten sind wir froh um unseren Tourguide Erin, die immer an erster Stelle fährt und entlaufene Gespanne aufhalten kann. Auch der Motorschlitten, auf dem uns unserer zweite Tourguide Craig begleitet, erweist sich als sehr hilfreich. Mit knatterndem Motor und intensiven Benzingeruch fährt er immer wieder an uns vorbei, um die Fahrfähigkeit der Wege vor uns zu prüfen und erschöpfte Tourteilnehmer ein Stück auf dem Beifahrersitz mitzunehmen.

Schlittenhund

Treuer Schlittenhund

Mehrmals begegnen wir auch anderen Hundeschlitten, an denen wir so schnell es geht vorbei fahren und hoffen, dass unsere Hunde die fremden Hunde nicht beachten. Es ist nicht einmal so sehr die Sorge, dass sie aufeinander losgehen, sondern dass sich die Schnüre, mit denen sie den Schlitten ziehen, hoffnungslos ineinander verheddern. „Und wer“, wie Erin uns erklärt hat, „möchte schon eine Schnur entwirren, in der zwölf veränstigt zappelnde Hunde festhängen?“

Viel zu schnell ist auch der zweite Tag vorbei und so kehren wir ganz bezaubert von dem schönen Ausflug zurück in die Zivilisation.

2 Kommentare zu Eine Fahrt mit dem Hundeschlitten, Teil 2

  1. Burkhard

    Ja, ist echt cool die Story.
    Wenn das mit der Klimaerwärmung nicht langsam Gestalt annimmt, gründe ich im Erzgebirge auch eine Hundeschlitten-Farm. Mit einer Unterbrechung im November haben wir jetzt schon seit Oktober durchgängig Schnee, vom Anfang Dezember auf jeden Fall, also drei Monate am Stück. Vielleicht etabliert sich das ja? Aber ich für mich arbeite derzeit an der Klimaerwärmung, da ich lieber Winzer werden würde ;-)

  2. Rico

    Super geschrieben Sabine. Wenn schon in der kälte von Kanada dann schön, das ihr so was besonderes mal probiert habt. Viele Grüße aus dem auch winterlichen München.